Sonntag, 21. März 2010

In der Zuckerhütte am Silbersee

Etwas frei übersetzt könnte man unseren Ausflug in eine "cabane sucre" so nennen. Dies ist die Bezeichnung für jene Hütten im Wald, in denen das vielleicht typischste Nahrungsmittel der Kanadier hergestellt wird - der Ahornsirup. Und da dieser Betrieb irgendwo im Nirgendwo am lac d'argent liegt, heißt er eben "érablière du lac d'argent".

Obwohl es hier dutzende Arten von Ahorn gibt, wird nur der sogenannte Zuckerahorn (frz. érable à sucre) für die Sirupgewinnung verwendet. Meine Idee das ganze zu Hause einmal zu probieren hat sich damit schnell erledigt. Außer ich habe beim Rückflug noch zu viel Platz im Koffer und importiere ein paar Bäumchen, pflanze sie daheim an und warte dann ca. 20 Jahre.
Ganz einfach ist die Prozedur aber ohnehin nicht: In einen ausreichend dicken Zuckerahorn wird im Spätwinter ein kleines Loch gebohrt, in das das Ende eines Schlauchs gesteckt wird, in dem Unterdruck herrscht. Da gleich mehrere Bäume zusammengeschlossen werden, sieht das dann ein wenig wie eine Bewässerungsanlage für Balkonblumen aus. Arbeitet aber in die andere Richtung. Das Schlauchsystem leitet den Saft aus dem Baum direkt in die Tanks der Zuckerhütte, wo der große Kocher steht, der den Saft zum Sirup macht. Dabei wird ein Großteil des Wasseranteils verdampft, das Verhältnis von Saft aus dem Baum zum endgültigen Sirup beträgt etwa 60:1. Das ist ein Grund dafür, warum echter Ahornsirup relativ teuer ist, viel Arbeit in und der Saft vieler Bäume stehen einem mengenmäßig relativ geringen Ertrag gegenüber. Weiters ist die Sirupgewinnung nur 1x im Jahr für einige Wochen möglich, nämlich zu jener Zeit, wenn tagsüber schon Plusgrade erreicht werden während es in der Nacht noch friert. Danach ist der Saft der Bäume angeblich nicht mehr für die Sirupproduktion geeignet.

Soviel zum Hintergrund des Ahornsirup, jedoch waren wir nicht nur am Prozess interessiert, sondern vor allem daran unseren Hunger zu stillen. Und das war ein nicht minder interessantes Unternehmen...
Die Küchenchefin erläuterte uns das folgende Menü, natürlich in Quebecois, sodass ich nur Teile verstehen konnte. Irgendetwas von pochierten (ohne Schale gekochten) Eiern, Schinken, Crêpes, Sirup usw. Egal, ich wollte die heimischen Spezialitäten kennenlernen und mich dabei einfach an meine kanadischen Kollegen halten. Am Tisch eine Flasche Sirup und ein paar Gläser mit Essiggurkerln, hausgemachtem Ketchup (eher wie eingelegtes Gemüse), eingelegtem Rauner. Verdächtig. Nach einer Erbsensuppe bekamen wir dann die einzelnen Teile des Hauptgerichts serviert: Gekochter Schinken, Bohnen, Eierspeise mit Sirup, in Sirup gebratener Speck, in Sirup pochierte Eier!?! (wtf!) Das alles auf den Teller und dann - die anderen machen es ja auch so - noch ordentlich Sirup darauf verteilt!
Um ehrlich zu sein: momentan war ich schon sehr skeptisch, ich hätte mir nicht wirklich vorstellen können, gekochte Eier in - die Kanadier mögen mir verzeihen - Zuckerwasser zu essen ohne selbige gleich darauf wieder zu erbrechen... aber es geht, und schmeckt dazu noch ganz gut. Besonders der im Sirup knusprig gebratene Speck ist echt einen Versuch wert, wer es nicht glaubt möge warten, bis ich wieder in Österreich bin, denn dann werde ich sicher einmal versuchen so etwas nachzukochen.
Als Nachtisch gab's dann Crêpes mit Sirup, im Vergleich ja geradezu ein Standardessen. Im Nebenraum hat der Chef dann zum Abschluss noch eine spezielle Leckerei zubereitet: tire, englisch taffy, Sirup am Stiel? Jeder bekam eine Holzspachtel und der in einer Wanne noch zusätzlich eingedickte und schon zähflüssige Sirup wurde portionsweise auf Schnee verteilt und konnte nach kurzer Abkühlphase dann mit der Spachtel als klebrige Masse gelutscht werden wie ein Schlecker. Eine sehr süße Angelegenheit, nach ein paar Portionen musste ich einfach aufhören, weil mir sonst wohl noch ernsthaft schlecht geworden wäre.

Der Abend war von den Betreibern der Kletterhalle organisiert worden, wodurch ich zusätzlich zu meinen Kumpanen einige andere Kletterer kennenlernen konnte, die ich wohl noch öfter treffen werde. Alles in allem war es auf jeden Fall eine tolle neue Erfahrung und eine Erweiterung des kulinarischen Bewusstseins, was ja nie schaden kann ;)

Salut et à la prochaîne,

Gregor

PS: Es hat heute wieder zu schneien begonnen...

Montag, 15. März 2010

Rockclimbing Opening





Soweit ich gehört habe, war es in Österreich in den letzten Tagen eher winterlich. Was soll ich sagen, der Frühling hat sich über den Teich begeben um uns einige warme Tage zu bescheren. Da wir das rasche Dahinschmelzen der Schneereserven ohnehin nicht verhindern können, haben wir die Vorteile der ungewöhnlichen Temperaturen (z.T. +10°C untertags) genutzt um die Klettersaison zu eröffnen! Wir, das waren in dem Fall nur Alexis und ich, da die anderen entweder verhindert oder doch zu skeptisch waren.


Beim Zustieg war zwar noch einiges an Schnee vorhanden, doch da dieser in der Nacht durchgefroren war, war der erweiterte Zustieg - der übliche Parkplatz war noch nicht zugänglich - recht schnell erledigt. Die Wand lag voll in der Sonne und war dadurch schon gut aufgewärmt, keine kalten Finger also beim Klettern.


Es war ein super Gefühl, wieder einmal echte Felsen zu erklimmen anstatt der Plastikgriffe samt "Klettern nach Farben". Etwas ungewohnt für mich war, dass wir jede Route selbst abgeseilt haben, was soviel heißt, dass man nicht wie in der Halle üblich vom Sichernden abgelassen wird, sondern sich oben (natürlich mit Selbstsicherung) ausbindet, das Seil durch die vorhandene Verankerung fädelt und sich dann am Doppelstrang abseilt. Damit übt man auch gleich ein paar Handgriffe fürs Alpinklettern. Zu Beginn der Saison dauert das noch ein bisschen, da ich doch lieber zweimal kontrolliere ob auch alles passt, bevor ich einmal etwas übersehe. Wenn man 30m über dem Boden hängt, geht man gern auf Nummer sicher ;)


Die Routen waren echt super, schöne Wandkletterei und eine ausgesetztere Kante, und zwischendurch haben uns 2 Wanderfalken ihre Flugkünste gezeigt und so ganz nebenbei mit einem etwa doppelt so gr0ßen Raben um irgendwas (einen Nistplatz?) gekämpft.


Am Nachmittag wurde es dann zunehmend windig und die Sonne von hohen Wolken abgeschirmt, sodass wir dann nach einiger Zeit wieder den Rückzug antraten. Jedenfalls haben wir echt Lust auf mehr bekommen.


Heute Abend war ich mit Frédéric noch eine Runde Laufen, laut Wetterstation hatte es am Nachmittag +12°C! Bin echt gespannt ob der von vielen Einheimischen prophezeite Wintereinbruch noch kommt, momentan sieht es nicht danach aus.

Alexis in "La Grande Traversée", 5.9 (~6)

An dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch an die Philippinos unter uns!! Es freut mich riesig, dass Simeon gut zur Welt gekommen ist und natürlich auch besonders, dass ich eine ehrenvolle Aufgabe bekommen habe :)


On se retrouvera dans quatre mois en Autriche!

Mittwoch, 10. März 2010

White Mountains, New Hampshire

Mein letzter Eintrag ist schon wieder einige Tage alt und der Grund ist nicht etwa Langeweile oder ein Fehlen von Erzählbarem.

Wie bereits angekündigt, habe ich das vergangene Wochenende in der Nähe von North Conway in New Hampshire verbracht, und gleich vorweg: es war noch besser als ich es mir vorgestellt hatte!

Schon am Donnerstag spätabends bin ich gemütlich mit dem Caprice-Boot gen Süden geschaukelt, das letzte Stück durch absolut einsame Gegenden. Die Grenze war kein großes Hindernis, abgeben musste ich nur meine Fingerabdrücke. Schade dass ich direkt davor nicht klettern war, da würden sie wohl nicht viel erkennen;)


Ein witziges Bild am Wegesrand: ausgerechnet nach kilometerlanger Fahrt ohne jegliche Zivilisation, ist mir zwischen den ersten vereinzelten Häusern dieses etwas schaurige Straßenschild aufgefallen:
Schnell wieder eingestiegen und weg von diesem unheimlichen Ort!

Bei meiner Ankunft gab es dann gleich ein ordentliches Abendessen, Chefkoch Rudi höchstpersönlich hat Surf&Turf aufgetischt, Lobster und Steak! Ich darf gar nicht daran denken, da läuft mir gleich wieder das Wasser im Mund zusammen. Man kann sich vielleicht schon vorstellen, dass ich an diesem Wochenende nicht vehungert bin :)

Am nächsten Tag gings dann zum Skiverleih und gleich ins erste Skigebiet direkt gegenüber dem Mount Washington, dem mit 1917m höchsten Berg der Region. Interessant daran ist die extreme Exposition dieses Gipfels, die reine Höhe ist ja nicht so beeindruckend und auch die nördliche Breite - vergleichbar mit Genua - klingt eher nach Wärme. Trotzdem wird die Wetterstation am Gipfel, die übrigens das ganze Jahr über besetzt ist, an Unwirtlichkeit bestenfalls von der Antarktis übertroffen, wenn überhaupt! Das ist wohl auch der Grund, warum diese Berge White Mountains heißen. Da schaut kein Stein oder sonst etwas heraus, alles vollkommen vereist.

Mein Wetterglück bzgl. Skifahren ist mir ja fast schon peinlich, nach einem absoluten Traumtag Anfang Jänner am Arlberg (war mein einziger echter Skitag heuer in Ö), hatten wir auch hier 3 Tage Sonnenschein pur. Was keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist, denn den Gipfel des Mt. Washington 3 Tage hintereinander sehen zu können ist angeblich eher die Ausnahme. Und das noch mit ausreichend Schnee, wenige Tage zuvor hatte es einen snow storm (naja, Schneefall eben) mit laut Skigebiet 4 feet Neuschnee gegeben. Ok, das ist jetzt wohl die Touristen-Lock-Angabe, aber 2 feet (ca. 60cm) werden es sicher gewesen sein. Und das reicht allemal.


Dank ausreichend Schnee haben wir auch die eine oder andere Buckelpiste gefunden, in der wir die Oberschenkel ein wenig quälen konnten. Und ich muss sagen, mein bermudianischer Onkel hat sich auch da beachtlich geschlagen, auf der glatten Piste sowieso. Wir haben von Freitag bis Sonntag 3 verschiedene Skigebiete in der näheren Umgebung abgeklappert - Wildcat Mountain, Attitash Mountain/Bear Peak und Bretton Woods. Dass die Pisten zum Teil eher flach sind, war weniger störend, da sehr wenige Leute auf der Piste waren und wir entsprechend schnell fahren konnten. Auch am Lift gab's kaum ein Anstellen und so konnten wir die Tage echt gut nutzen, am Nachmittag war die Müdigkeit dann meist schon deutlich vorhanden.

Am Abend gab es dann wieder Selbstgekochtes, nur am Samstag waren wir essen in einem mexikanischen Restaurant. Nachos, Burritos usw. waren auch sehr lecker. Am Sonntag haben wir dann noch den Nachbarn, Hank aus Rhode Island getroffen und mit ihm länger gequatscht. Ein echt lässiger Typ!

Am Montag war dann Abreisetag, kein Skifahren mehr, dafür ein wenig die "Stadt" ansehen. Eigentlich ist shoppen ja nicht gerade meins, wenn es in einem Ort allerdings 6 oder 7 Sportgeschäfte gibt, ist das etwas ganz anderes! Zusätzlich war ich dann noch in ein paar Outlets, wobei ich sogar ein Paar Vespa-Schuhe gefunden habe! Leider in Größe 48 oder so, deshalb sind sie dann auch leider im Regal geblieben.


Auf der Heimreise musste ich dann unbedingt noch diese schönen Straßenschilder fotografieren:

Hat aber nichts geholfen, es hat kein Elch die Straße gekreuzt und die Bären schlafen wohl noch tief. Dafür habe ich kurz nach Sonnenuntergang dann ein mir wohlbekanntes Lebewesen entdeckt.

Ziemlich frech, sich so knappe 5 Meter neben meinem am Straßenrand abgestellten Wagen herumzutreiben und mich mehr oder weniger zu ignorieren. Und das bei fast vollem Tageslicht, der eingeschaltete Blitz täuscht da ziemlich.

Um viele neue Erfahrungen reicher und mit einem dezenten weißen Abdruck meiner Sonnenbrille im sonst eher geröteten Gesicht bin ich dann abends wieder in der Wohnung angekommen. Und eines ist für mich klar: Die Gegend rund um North Conway war auf jeden Fall eine Reise wert und ich kann jetzt sehr gut verstehen, dass man dort gerne seinen Urlaub verbringt. Umso mehr wenn man auf einer Insel wohnt, die nirgends breiter als 1.5km ist...

Vielen Dank noch mal an Rudi für die Gastfreundschaft und das erlebnisreiche Wochenende in den USA!

LG Gregor